Anton Bialowitz, Kunstkritiker, Köln:

“Rund 6o Tusche- und 30 Kohlearbeiten haben im Haus Austria Aufnahme gefunden. Hier stellt sich ein Katalog von oeuvres vor, der ob der Qualität Aufsehen erregt.

Schon die Mappe der Kohlezeichnungen “Wanderungen durch die österreichische Landschaft” läßt die Kongenialität ahnen. Charme und Leichtigkeit werden in jedem Motiv eingefangen. Ein Anhauch von Tristesse, dem Material Kohle ansonsten zu eigen, drängt sich nicht auf.

Doch Ausgangspunkt zu der Beurteilung von Mahrenbrand sind dessen Tuschebilder, und hier im besonderen die mehrfarbigen. Diese Skala von Themen vielfältiger Art ist geradezu verwirrend und doch einmalig in der Artikulierung. Unwillkürlich wird man an die japanischen Meister erinnert, weniger der Verwandtschaft wegen, vielmehr vom Formalen her.

Jene sind zwar optisch für den Betrachter geläufig, jedoch von der Aussage und der Technik her nur mit dem für Nicht-Ostasiaten schwer verständlichen Zen-Buddhismus definierbar. Gleichwohl finden wir bei den Tuschen von Mahrenbrand eine Parallele zu den Meistern Nippons. Alle seine Kompositionen sind in der Anlage von Strich, Linie und Fläche gleich jenen bestechend einfach, immanent abgerundet, wobei die Farbnuancen den Effekt steigern. Berauscht so die Ästhetik von der Form her, so fasziniert das Thema in seiner geistigen Ausstrahlung nicht minder.

Das Blatt “Symptom” z.B. manifestiert dies überragend. In der unteren Bildhälfte tummelt sich Seegetier, wie in Urform verloren. In der oberen liegt im Kreise, v. Tangenten allseitig umgeben eine höhere mathematische Formel: Werden, Gegenwart und Zukunft des Seins, das Grundthema des homo sapiens ansprechend. Der “Kopf” läßt konturenreich (absichtslos) die Gesichtszüge von Gauguin erahnen, “Jugend” zeigt ein Antlitz in Unruhe, ja Verwirrung, vielleicht ob der Abwendung vom – angedeuteten – Elternhaus. “Ich und mein Vogel” und “Paralogische Venus” zeichnen sich im besonderen durch feinen Humor aus.

Arbeiten jüngeren Datums zeigen als neues Element inmitten der bisherigen Form- und Farbgebung ein Weiß, figuren- oder schemenhaft herausgearbeitet. Der besondere Reiz resultiert nicht etwa aus Anwendung weißer Farbe, sondern aus der Aussparung bzw. Unterbrechung an den entsprechenden Bildstellen.

Bedurfte es des Abstechers nach Badgastein, um diesen Mahrenbrand herauszustellen? Der Rezensent kann sich nicht erinnern, solche Pretiosen an Tuschen in den Museen oder Galerien begegnet zu sein. Ohne Zweifel gehört Mahrenbrand auf diesem Sektor zu den Großen des Kontinents, dem weltweite Resonanz nicht versagt bleiben wird.

In der gleichen Ausstellung stellt sich der aus Hofgastein stammende Bildhauer Josef Viehauser (1940) mit einigen Holzplastiken und -reliefs vor. Die vielfach religiösen Bereichen entlehnten Themen lassen eine manuelle Begabung erkennen, die bereits zum Sprung ins Geistige ansetzt. Sein “Paulus” mit den aus weiter Gewandung hervorspringenden Händen, dem vorpreschenden Kopf, gibt sich aggressiv. Von gleicher Prägung ist das “Ärgernis” gestaltet, während die “Welt 70” den weiten Bogen zwischen Schöpfung und Gegenwart, zwischen Gut und Böse umspannt.

Bleibt noch zu erwähnen, daß sich die Förderung der Ausstellung angelegentlich sein ließen: Bundesministerium für Unterricht und Kunst Salzburger Landesregierung Kurkommission Badgastein”

17. Feber 1972